Auf den Spuren Geoffrey Chaucers

Gepäck für eine literarische Pilgerreise: Tagebuch, Füller, Buch, Rucksack und mehr

Wichtigste Ausrüstung für meine literarische Pilgerreise

In drei Tagen ist es endlich so weit: Ich begebe mich nach England auf eine „literarische Pilgerreise“, die ich bereits seit ein paar Jahren machen möchte. Mein Weg soll von London nach Canterbury zum Schrein des St. Thomas Becket führen – ganz im Sinne eines Pilgers zu Fuß, mit einfachstem Gepäck und ohne genau zu wissen, wohin mich jeder einzelne Tag führen wird.

Die Canterbury Tales

Die Strecke von London nach Canterbury war früher tatsächlich eine vielbegangene Pilgerroute, die es heute so jedoch nicht mehr gibt. Meine Vorlage für die Wahl dieser Strecke ist Geoffrey Chaucer (ca. 1343–1400) mit seinen „Canterbury Tales“. Heute kennen (zumindest außerhalb Englands) nur noch wenige den Namen Chaucer*, zu seiner Zeit und für Jahrhunderte danach war er jedoch einer der berühmtesten Dichter Englands. Seine „Canterbury Tales“ sind eine Sammlung kurzer Geschichten, die sich eine Gruppe von Pilgern auf dem Weg von London nach Canterbury erzählt, um sich die Reisezeit zu verkürzen. Die Erzählungen repräsentieren praktisch sämtliche damals gängigen literarischen Gattungen, die Pilger selbst zeichnen ein lebendiges Bild der Gesellschaft Chaucers. Einige von ihnen sind darüber hinaus die Vorlage für Figuren geworden, die immer wieder in der englischen Literatur anzutreffen sind (der tugendhafte Ritter, der betrügerische Müller, …).

Literarische Pilgerreise

Mir sind Chaucers Erzählungen während meines Studiums ans Herz gewachsen, zumal ich alte Sprachen** und fast alles liebe, was mit dem Mittelalter zu tun hat. Da ich es außerdem liebe, zu Fuß unterwegs zu sein, und schon immer unbedingt (wieder) nach England wollte, wuchs in mir die Idee für diese Reise. Ich habe genug Zeit für die etwas über 100km, um mich von meinen Füßen auch mal auf Seitenwege führen zu lassen. Begleiten werden mich die Geschichten Chaucers (wenn auch leider nur eine Auswahl davon). Vielleicht inspirieren sie und jene Abenteuer, die mir unterwegs begegnen mögen, mich ja dazu, auch an eigenen Texten zu schreiben.

Berits fest eingeplante Ziele sind die Westminster Abbey in London, wo Chaucer begraben ist, sowie die Kathedrale von Canterbury – das Ziel der Pilger – und das „The Canterbury Tales“, eine Art Erlebnismuseum, in dem einige der Tales auf unterhaltsame Weise nacherzählt und zum Leben erweckt werden. Vor vielen Jahren war ich auf Klassenreise bereits einmal dort. Es war meine erste Begegnung mit Chaucer, die ich nie vergessen habe.

William Shakespeare

Da ich auch ein großer Fan von William Shakespeare (1564–1616) bin (wer das ist, bedarf wohl keiner Erläuterung) und dieses Jahr auch noch ein Shakespeare-Jubiläumsjahr ist, rahme ich meine Reise mit Theaterstücken von diesem ein. In London ist bereits ein Besuch im Nachbau des Globe Theatre gebucht inklusive einer Aufführung von „Julius Caesar“. In Canterbury findet im The Canterbury Tales eine Inszenierung von „The Two Noble Kinsmen“ statt (das Shakespeare zusammen mit John Fletcher schrieb), die ich mir natürlich auch nicht entgehen lasse. „The Two Noble Kinsmen“ ist das letzte von Shakespeare überlieferte Drama und basiert auf der Erzählung des Ritters – der ersten der „Canterbury Tales“. So werden also am Ende meiner Reise auf geradezu wundersame Weise Chaucer und Shakespeare miteinander verschmelzen.

Inzwischen habe ich fast alles zusammen, was ich für die Reise benötige, und genug vorbereitet, um den Rest dem Schicksal zu überlassen. Was ich unterwegs alles erlebe, will ich hier in diesem Blog festhalten, sodass Ihr zumindest gedanklich mit mir reisen könnt, wenn Ihr möchtet. (Alle Einträge zu dieser literarischen Pilgerreise werden mit dem Stichwort ReiseCT gekennzeichnet sein.)

Whan that April with his shoures soote / The droght of March hath perced to the roote, / And bathed every veyne in swich licour / Of which vertu engendred is the flour; … / Thanne longen folk to goon on pilgrimages“
(Geoffrey Chaucer: Canterbury Tales, General Prologue, v1–12)

 
*Einigen kommt er vielleicht aus dem Film „Ritter aus Leidenschaft“ bekannt vor, in dem Paul Bettany einen großartigen „Herold“ Geoffrey Chaucer inszeniert. Der Film spielt zwar in der richtigen Zeit, mit dem echten Chaucer hat die Rolle jedoch nicht viel gemeinsam (abgesehen vom Sprachtalent beider „Chaucers“ vielleicht).

** Die „Tales“ sind in Mittelenglisch geschrieben, das viele Elemente aus Französisch, Deutsch und heutigem Englisch enthält und das im ausgehenden 14. Jahrhundert langsam begann, in England Französisch als Hochsprache zu verdrängen.

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Eine Antwort zu Auf den Spuren Geoffrey Chaucers

  1. Clemens sagt:

    Dann wünsche ich Dir viel Spaß, Erfolg und vor allem auch viele tolle, neue Erlebnisse und Inspirationen. Ich werde deine „Live-Berichte“ mit großem Interesse verfolgen.

    Liebe Grüße
    Clemens

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